Artgerechte Tierhaltung

Fleischindustrie auf dem Prüfstand

Von Pia Wegener · 2020

Nach dem Bekanntwerden der vielfachen Corona-Infektionen bei Hilfskräften in Schlachtereibetrieben ist eine neuerliche Debatte über die Fleischindustrie in Deutschland entbrannt. Tierschützer und Politiker fordern ein Umdenken in der Tierhaltung und im Konsumverhalten jedes Einzelnen. Höhere Preise für tierische Produkte und artgerechte Tierhaltung könnten die Situation deutlich verbessern.

Kühe auf einer Weide.
So kann artgerechte Tierhaltung aussehen. Foto: iStock/Astrid860

Zahlen belegen, dass vielen Verbrauchern das Wohl von Nutztieren am Herzen liegt. Umfragen zeigen aber auch, dass an der Supermarktkasse letztendlich doch Sparsamkeit über Tierwohl siegt. Dennoch wächst die Zahl derer, die bereit sind, für Fleisch aus wesensgemäßer Tierhaltung mehr Geld auszugeben. Aber was genau bedeutet eigentlich „artgerechte Tierhaltung“ und wie lassen sich Produkte aus dieser Nutztier-Haltung von anderen unterscheiden? 

Während Tierschützer argumentieren, „artgerecht“ sei nur die Freiheit, sehen Landwirte den Schlüssel im Verzicht auf Käfige, in denen Hühner oder Mastkaninchen vielerorts gehalten werden, auf die umstrittenen Sauen-Kastenstände oder auch auf die Anbindehaltung von Milchkühen. „Für die Haltung von Nutztieren hat der Gesetzgeber zahlreiche Vorgaben an die Züchtung, Haltung, medizinische Behandlung, Transport und Schlachtung gemacht. Sie zielen darauf ab, dass ein Tier seinen Bedürfnissen entsprechend gehalten und unnötiges Leid sowie Umweltbelastungen vermieden werden“, heißt es zu dem Thema beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. 

Artgerechte Tierhaltung: Natürliche Lebensbedingungen schaffen

Das Umfeld der Tiere soll also möglichst nah an ihre natürlichen Lebensbedingungen angepasst werden. Konkrete Gesetze dazu gibt es aber bislang nicht. Immerhin, eine bessere Orientierung bei der Kaufentscheidung im Supermarkt soll in Zukunft ein EU-weites Tierwohlkennzeichen bringen, das erst Anfang des Jahres von der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner, ins Spiel gebracht wurde. Ein Weg, natürlichere Lebensbedingungen zu schaffen, ist wiederum die Weidehaltung. Die Vorteile, sowohl für Tiere als auch für den Betrieb, liegen auf der Hand. So wird die Gesundheit der Tiere durch die Bewegungsfreiheit gefördert, zeitgleich werden Futterkosten und Arbeitszeit eingespart. 

Treibhausgasausstoß minimieren

Ein wichtiger Faktor der artgerechten Haltung von Nutztieren ist außerdem die Umweltverträglichkeit. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) schrieb der Tierwirtschaft bereits im Jahr 2013 bis zu 14,5 Prozent der weltweit ausgestoßenen Treibhausgase zu. Aktuell gehen die Experten sogar von rund 30 Prozent aus. In Deutschland stammen 62 Prozent der gesamten Methan (CH4)-Emissionen und 79 Prozent der Lachgas (N2O)-Emissionen aus der Landwirtschaft. Diese Werte will die Bundesregierung im Rahmen ihres 2019 verabschiedeten Klimaschutzgesetzes senken. Mittels des sogenannten „Green Deals“ sollen in den kommenden Jahren europaweit tier- und klimagerechte Ställe gebaut und dadurch die langsame Abkehr von der industriellen Tierhaltung vollzogen werden. In der Tiermast sollen dafür weniger Pflanzenschutzmittel und nur halb so viele Antibiotika eingesetzt werden. Dazu 20 Prozent weniger Dünger verteilt und deutlich mehr Öko-Anbaufläche geschaffen werden. Nicht zuletzt auch, um den Ausbruch von Pandemien in Ställen zu minimieren und eine Landwirtschaft zu schaffen, die der Umwelt nicht schadet. 

Besser wäre es freilich, Nutztiere gar nicht erst im Stall zu halten, sondern so oft wie möglich auf die Weide zu schicken. Verbraucher, die darauf Wert legen, dass die Tiere möglichst oft im Freien sind, im Stall Stroh und viel Tageslicht bekommen und mit heimischen Futtermitteln ernährt werden, müssen allerdings zu bio-zertifizierten Alternativen greifen. Die sind freilich meist teurer als herkömmliche Fleischprodukte. Dafür müsste dann aber auch nicht jeden Tag Fleisch auf den Teller kommen. Fleischlose Alternativen auf pflanzlicher Basis gibt es ja inzwischen zur Genüge.

Quellen:
https://www.germanwatch.org/de
https://albert-schweitzer-stiftung.de/aktuell/tierproduktkonsum-pandemien

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