Eine Diät für das Wohl der Erde

Gut für Körper und Umwelt

Von Katharina Lehmann · 2023

Viel Gemüse und Hülsenfrüchte, dazu Nüsse und Obst und ab und zu ein Stück qualitativ hochwertiges Fleisch oder Fisch – eine solche Ernährung tut nicht nur unserem Körper, sondern auch unserem Planeten gut. Wie die Planetary Health Diet konkret aussieht, haben Forschende aus 16 Nationen erarbeitet.

Hände, die herzförmige Erde mit Sämlingen um sie herum halten. Urbaner Bio-Gemüsegarten.
Foto: iStock / Daniel de la Hoz

Schon heute sprengen wir bei der Nahrungsmittelproduktion die planetaren Grenzen: In Südamerika oder Südostasien werden nach wie vor Regenwälder abgeholzt, um Ackerflächen für den Anbau von Tierfutter oder Palmöl zu schaffen. Immer mehr Tier- und Insektenarten geraten in Bedrängnis, weil ihre Lebensräume schwinden, oder sterben gar aus, da auf den Feldern Pestizide zum Einsatz kommen. Zudem treiben Massentierhaltung und industrielle Fleischproduktion die CO2-Emissionen in die Höhe. Gleichzeitig aber hungern weltweit noch immer etwa zehn Prozent der Menschen. Wie soll das erst im Jahr 2050 werden, wenn zehn

Milliarden Menschen auf der Erde leben? 

Sie alle nachhaltig und im Rahmen der planetaren Grenzen gesund zu ernähren, sei durchaus möglich. Das meinen zumindest die Forschenden der EAT-Lancet Commission. Im Jahr 2019 haben 37 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 16 Ländern die sogenannte Planetary Health Diet entwickelt – eine allgemeine Ernährungsempfehlung, mit der zehn Milliarden Menschen gesund satt werden können, ohne die Erde zu zerstören. 

Eine Diät für das Wohl der Erde: Ernährung in Zeiten des Klimawandels

Die Planetary Health Diet hat zwei globale Herausforderungen im Blick: die Zunahme ernährungsbedingter Krankheiten und die negativen Auswirkungen unserer Ernährungsweise auf die Umwelt. „Diese beiden Faktoren müssen im Zusammenhang gesehen werden – schließlich ist eine intakte Umwelt auch die Voraussetzung für die Gesundheit der Menschen. Die Planetary Health Diet ist auch eine Antwort auf den Klimawandel und andere gravierende Umweltprobleme“, erklärt Lisa Pörtner, Fachärztin für Innere Medizin und Mitglied der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG), gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Änderung des Ernährungsverhaltens sei einer der wichtigsten Hebel, um der planetaren Krise, in der wir uns befinden, etwas entgegenzusetzen.

Schließlich sei die Nahrungsmittelproduktion schon heute für etwa ein Drittel der globalen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich – und damit dafür, dass sich der Klimawandel beschleunigt und mit ihm Hitzewellen und Dürren, Überschwemmungen und Stürme immer häufiger auftreten. Mehr als die Hälfte dieser ernährungsbedingten Emissionen stammen aus der Fleischproduktion und der Herstellung von Milchprodukten. Zusätzlich zerstört die Landnutzung durch die Agrarwirtschaft die Lebensräume vieler Pflanzen und Tiere, bringt die Böden aus ihrem natürlichen Gleichgewicht und raubt ihnen Phosphor und Stickstoff, die für das Wachstum von Pflanzen unerlässlich sind.

Mehr Gemüse, weniger Fleisch

Müssen wir nun alle Veganer werden? „Nein“, sagt Pörtner. Es gehe nicht darum, den Fleischkonsum zu verbieten, sondern vielmehr darum, sich an den regionalen Begebenheiten orientiert zu ernähren. Konkret bedeutet das: Wo auf fruchtbaren Böden viel Gemüse und Hülsenfrüchte angebaut werden können, sollten Menschen diese Produkte direkt verzehren, statt sie an Nutztiere zu verfüttern. Schließlich braucht es zum Beispiel etwa sieben Kilokalorien aus Pflanzen, um eine Kilokalorie aus Rindfleisch zu gewinnen. Effizient ist das nicht.

In Regionen hingegen, in denen aufgrund von Wassermangel, unfruchtbaren Böden oder Kälte Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte nur schlecht oder gar nicht gedeihen, sind Menschen eher auf tierisches Protein angewiesen, um sich regional und nachhaltig zu ernähren. 

Grundsätzlich gilt jedoch: „Global gesehen, muss die Menschheit ihren Fleischkonsum insgesamt um die Hälfte verringern und den Verzehr von Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten und Nüssen verdoppeln“, erläutert Pörtner die zentralen Punkte der Planetary Health Diet. Vor allem in der westlichen Welt übersteige der Fleischkonsum nicht nur die planetaren Grenzen, zudem empfehle sich schon aus gesundheitlichen Gründen eine Reduktion. Derzeit landen in der Bundesrepublik pro Kopf und Tag etwa 160 Gramm Fleisch auf dem Teller. Geht es nach der Planetary Health Diet, sollten es aber nur 43 Gramm sein.

Westliche Ernährungsweise ist ungesund

„Wir dürfen nicht vergessen, dass die Art und Weise, wie die Menschheit sich im Westen heute ernährt, unmittelbar krank macht“, sagt Pörtners Kollege, der Mediziner Martin Herrmann, der die KLUG im Jahr 2017 mitgegründet hat. Der hohe Anteil an stark verarbeiteten Produkten, Zucker und rotem sowie verarbeitetem Fleisch in der Ernährung etwa sei verantwortlich dafür, dass immer mehr Menschen an Herz-Kreislauf- oder Krebserkrankungen leiden. „Und das ist nur ein Beispiel dafür, dass die Rettung des Planeten durch eine andere Ernährung auch die Rettung der Menschen vor schwerem Leid und frühem Tod bedeutet“, sagt Herrmann.

Doch wie sieht sie nun aus, die rundum gesunde Ernährung? Die breite Basis bilden pflanzliche Nahrungsmittel, vor allem Getreide, Gemüse und Obst; dazu in moderaten Mengen Nüsse, Knollen und Hülsenfrüchte. Zusammen mit hochwertigen Ölen sollte dieser pflanzliche Anteil etwa 80 Prozent der täglichen Energiezufuhr ausmachen. Ergänzt werden sie mit tierischen Lebensmitteln: Fisch, Milchprodukte, Eier, Geflügel und ab und zu Rindfleisch stehen zwei- bis dreimal pro Woche auf dem Speiseplan.

Schon gewusst?

Deutschland könnte Nahrung für zusätzliche 70 Millionen Menschen herstellen.

Würden wir uns in Deutschland gemäß der Planetary Health Diet ernähren, stünden bis zu 40 Prozent der aktuell in Deutschland genutzten landwirtschaftlichen Flächen für anderweitige Nutzung zur Verfügung – das sind 4,6 Millionen Hektar Ackerfläche und 1,6 Millionen Hektar Grünfläche. Diese Flächen werden einer Studie von Greenpeace und dem Ökoinstitut zufolge derzeit für die Erzeugung von Futtermitteln und Bioenergie genutzt. Hier könnten aber auch Lebensmittel für weitere 70 Millionen Menschen angebaut werden. Alternativ könnten Flächen aufgeforstet werden – die Wälder bänden CO2 und gäben Tieren neuen Lebensraum.
 

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